Vorwort

Nachdem der Fernwärmetunnel Köln in den bisherigen Veröffentlichungen im wesentlichen als Objekt für Touristen, Fotografen und Künstler gesehen wird, soll hier über Planung und Bau dieses Mehrspartentunnels unter dem Rhein so berichtet werden, dass sowohl die zahlreichen unvorhergesehenen Schwierigkeiten als auch die nicht immer leichten Problemlösungen dokumentiert werden. Dadurch kann der Bericht im kollegialen Sinne für die Fachwelt bei vergleichbaren Baumaßnahmen hilfreich sein.

Die GEW- Werke Köln AG baut einen begehbaren Rheintunnel 1983- 1985

Von Veri Josef Weber

assistiert von Herrn Volkmar Deuker

 

1.1 Die Geburt der Tunnelidee

Im November des Jahres 1983 liegt über der Stadt Nürnberg eine kalte bleierne Luft, die für uns Kölner in dieser Härte recht ungewohnt ist und der das bartlose Kinn fühlbar ausgesetzt wird. Mir wird bewusst, warum die bejahrten Männer in den Gebirgsgegenden mit ihren harten Wintern ihre Gesichter mit wallenden Bärten vor Wind und Wetter schützen. Diese Kälte hier in Nürnberg kommt von Osten aus den Bergen der Fränkischen Schweiz und hat sich in der Ebene um die alte freie Reichsstadt und in der Stadt selbst heimisch eingenistet. Wir sind hier für ein paar Tage zur Teilnahme an der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Fernwärme, kurz AGFW genannt.

Am zweiten Tag der Veranstaltung, dem 16. November 1983,  werden die üblichen Pflichtvorträge von den benannten Referenten gehalten und mich drängt es, trotz der kalten Jahreszeit nach draußen. Ich erkundige mich nach einer interessanten Baustelle und bin kurz darauf an einer Unterquerung des Autobahnzubringers Nürnberg- Feucht, die im Grundwasser im Tunnelverfahren durchgeführt wird. Diese Baustelle der Firma Brochier findet mein Interesse, weil Herr Volkmar Deuker von unserer Projektvorbereitung mir die derzeitigen Probleme bei der  geplanten Verbindung der links- und rechtsrheinischen Fernwärmenetze erläutert hatte.  Mit entsprechender Schutzkleidung ausgestattet, steige ich über den Anfahrschacht nach unten. Die Ortsbrust des Tunnelvortriebs wird gegen das Eindringen von Grundwasser durch Druckluft gestützt. Mich interessiert die Möglichkeit eines ähnlichen Untertunnelungsverfahrens zur Querung des Rheinstromes in Köln. Der leitende Ingenieur der Baufirma erklärt mir, dass der Druck von Rheinwasser und Boden bei einer Rheinquerung im Kiesboden mit seiner hohen Durchlässigkeit eine Stützung der Ortsbrust mittels einer Bentonit- Suspension und eines dahinter aufgebrachten Luftpolsters erfordern. Dieses Verfahren ist eine interessante technische Variante für die Herstellung einer Verbindung zwischen dem aus Heizkraftwerken versorgten linksrheinischen Fernwärmenetz in der Innenstadt und dem aus einem Heizwerk mit geringer und bald nicht mehr ausreichender Kapazität versorgten rechtsrheinischen Fernwärmenetz. Die Versorgung aus Heizkraftwerken ist wegen des Vorteils der Kraft-Wärme-Kopplung (die bei der Stromerzeugung anfallende Wärme wird zu einem beträchtlichen Teil nicht in die Atmosphäre sondern in die Wärmeversorgung der Stadt abgegeben) bedeutend wirtschaftlicher als die Versorgung aus einem Heizwerk. Das versteht jeder. Mit diesem Preisvorteil bei der Wärmeerzeugung lassen sich der Netzverbund und die Stilllegung des rechtsrheinischen Heizwerkes finanzieren.



Das römische Köln mit Kastell Deutz

1.2 Historisch gewachsene Rahmenbedingungen für den Bau eines Rheintunnels der GEW-Werke Köln AG.

Bereits zur Zeit der Römer entwickelte sich das linksrheinische, also westlich des Rheins gelegene „Colonia Claudia Ara Agrippinensis“ rhein-überquerend auf dem rechtsrheinischen, also östlichen Ufer, fort. Zunächst entstand dort das Deutzer Kastell, „Castellum divitiense“, das schon um 310 n.Chr. unter Kaiser Konstantin dem Großen durch den ersten Kölner Brückenbau mit dem linksrheinischen Köln verbunden wurde.

In der Folge hat sich Köln auf beiden Rheinseiten durch den Abbruch der Stadtmauern, den Bau neuer Stadtteile und in neuerer Zeit durch Eingemeindungen ausgedehnt und eine Einwohnerzahl um die Einmilliongrenze erreicht. Mit der Stadtentwicklung wuchs auch die Zahl der Kölner

Rheinbrücken bis auf zurzeit acht Stück an. Diese Brücken können u.a. aus Kostengründen nur begrenzt die zwischen den Stadtteilen hüben und drüben erforderlichen Verbindungen befriedigend herstellen. Sie bündeln die Verkehrsströme in wenigen Schwerpunkten und führen fast täglich beim Berufsverkehr zu mitunter chaotischen Belastungen.

Mit den Versorgungsnetzen für Energie, Wasser, Kommunikation u.a.m. ist es ähnlich. Jedoch kann es sich kein Versorgungsunternehmen leisten, den Kunden zu Zeiten von Spitzenbelastungen Zusammenbrüche oder Einschränkungen der Versorgung zuzumuten.

Wie in anderen Großstädten auch, bemüht man sich in Köln, die Verkehrsströme an der Peripherie der Lebensschwerpunkte vorbeizuführen oder davor enden zu lassen.  Bei der Versorgung mit Energie, Wasser, Kommunikation u.a.m. ist man hingegen gezwungen, auf möglichst kurzem Wege die Versorgungsschwerpunkte anzusteuern. Es ist naheliegend, dass in den Kölner Rheinbrücken die Verbundleitungen für die links- und rechtsrheinischen Netze liegen, zumal die Brückentrassen in die jeweils historisch gewachsenen Netzstrukturen passen.

Da einerseits in zunehmendem Maße die Entwicklung der rechts- und linksrheinischen Wohn- und Gewerbegebiete zu noch mehr Netzverbund zwingt, andererseits die vorhandenen Brücken entweder ungünstig zur weiteren Optimierung der Netzstrukturen liegen oder bereits mit Leitungen belegt sind, wird zukünftig die Anzahl der Flusskreuzungen außerhalb der Brücken zunehmen.

Nun können schon allein aus finanziellen Erwägungen nicht für jede Sparte Flusskreuzungen gebaut werden und so entstand die Idee, den Kölner Rheintunnel als Leitungskollektor mit rund 460 m Länge und 3 m lichtem Durchmesser für die Aufnahme von Fernwärme-, Gas-, Wasserleitungen, sowie Strom- und Nachrichtenkabel auszulegen.

Auslösender Faktor für die Ende Oktober 1985 nach nur einjähriger Bauzeit in Betrieb genommene Anlage ist jedoch die Herstellung des Verbundes der links- und rechtsrheinischen Fernwärmenetze und die Versorgung auch des rechtsrheinischen Versorgungsgebietes aus der Kraft-Wärme-Kopplung, wobei der ökologische Nutzen der genannten Erzeugungstechnik für die Entlastung der Atmosphäre nicht verkannt werden darf.



Trasse der Fernwärmeverbundleitung für die Netze Innenstadt und Deutz

1.3 Vorgeschichte des Fernwärmenetzverbundes Innenstadt- Deutz

Dieser Netzverbund war langfristig geplant. Bereits bei der Grundsteinlegung der Fernwärme-Versorgungen Innenstadt und Deutz war er „angedacht“ worden. Siehe hierzu die Tabelle 1 im Anhang7. Es ist das Schicksal langfristiger Großplanungen, dass sie, selbst bei unverändertem Kernziel, einer laufenden Aktualisierung  aufgrund veränderter Rahmenbedingungen (Städteplanung mit Strukturveränderungen, Marktchancen bei veränderten Energiepreisen, Vorteil aus Kraft-Wärme-Kopplung bei variablen Parametern, aktuelle bauliche Gegebenheiten) unterzogen werden müssen.

Ausgangslage war, wie aus Tabelle 1 ersichtlich, die Fernwärmeversorgung der linksrheinischen Kölner Innenstadt aus zwei Heizkraftwerken und einem Heizwerk und die vorläufige Fernwärmeversorgung des rechtsrheinischen Köln-Deutz aus einem Heizwerk.

Ab Mitte der 70er Jahre führte die laufende Aktualisierung der Versorgungsplanung „Innenstadt-Deutz“ bei der üblichen Beteiligung der GEW an den planungsrechtlichen Verfahren (Flächennutzungsplan,Bebauungspläne, Planfeststellungen)  zu konkreten Planungen eines Fernwärme- Netzverbundes Innenstadt-Deutz mit Wirtschaftlichkeitsberechnungen für verschiedene Ausführungsvarianten. Auslöser hierfür war die  städtebauliche Planung „City Deutz“ mit Großbauten wie Technisches Rathaus u.a.m.

In diesem Zusammenhang fanden auch bereits intensive Untersuchungen über die mögliche Aufnahme von Fernwärme- Verbundleitungen in bestehende Kölner Rheinbrücken, bis hin zu

statischen Nachweisen, statt. U.a. wurde die Aufnahme der Leitung in die Hohenzollernbrücke (Eisenbahnbrücke der Bundesbahn mit Fuß- und Radweg- Steg  der Stadt Köln) geprüft. Bei der Untersuchung der Statik in Zusammenarbeit mit der Bundesbahn stellten wir große Unterbringungsprobleme  beim bestehenden Brückenbauwerk fest, stießen aber gleichzeitig, und zwar frühzeitig, auf die Planung einer stromunterseitigen Brückenerweiterung für die Aufnahme der S-Bahn- Strecke. Im Zuge der Planfeststellung für die Brückenerweiterung wurde dann beim Regierungspräsidenten eine „Mitnahmepflicht“ der Bundesbahn für eine Fernwärmeleitung (Vor- und Rücklaufleitung) erwirkt und GEW an der Statik für die Gehwegkonstruktion beteiligt.

Nach Liquidierung der städtischen Planung „City Deutz“ wurde nach anderen Wegen zur Erreichung eines Netzverbundes Innenstadt-Deutz auf den Grundlagen

a)      Netzverdichtungsplanung um den Deutzer Kern  nach Markterhebungen in der

     Altbausubstanz plus Hotelplanungen am Deutzer Rheinufer, Zuwachs für Neubauten

     und Zuwachspotential aus Substitution von Öl / Kohle

b)      Vorteil aus Substitution des Heizwerkes Deutz durch Fernwärmelieferung aus Kraft-

     Wärme-Kopplung (linksrheinisch)

gesucht.

Zu b) muss erwähnt werden, dass in der Folgezeit die veränderten Parameter „Primärenergieeinsatz“ zu einer Wirtschaftlichkeitsgrenze bei weit niedrigerer Wärmeleistung / Jahresarbeit führten als vorher. Konkreter: Das höhere Preisniveau der Primärenergie führte zu einer Vergrößerung des absoluten Vorteilswertes der Fernwärme- Entstehungskosten aus Kraft-Wärme-Kopplung gegenüber dem aus Heizwerken bis zu einem Verhältnis von etwa 1: 2.

Wegen der Stagnation der S-Bahn-Planung war die Brückenerweiterung als Voraussetzung für die Aufnahme der Fernwärmeleitung zeitlich offen. Dies und die Forderung der Bundesbahn auf Zahlung eines hohen Vorteilsausgleichs in Höhe von 3 Mio. DM führten zur Untersuchung anderer technischer Verfahren für die Rheinquerung.

 



Prinzipskizze Rheintunnel

1.4 Entscheidung für den Rheintunnel

Zunächst wurden Rheinquerungen mit Einschwemmdüker in verschiedenen Rheinlagen und die Leitungstrassen von Netz zu Netz untersucht. Hierbei stellte sich heraus, dass bei guter Dükerlage zu den zu verbindenden Netzen große Erschwernisse durch Uferbefestigungen und die sich hieran anschließenden Verkehrsanlagen, Messeanlagen usw. zu sehr hohen Dükerbaukosten führen würden. Die meisten Dükervarianten erwiesen sich wegen des Verhältnisses von erforderlicher Bauzeit zu hochwasser- und messefreier Zeit als undurchführbar. Bei Dükeranordnungen in günstigeren Uferzonen mussten erheblich längere Leitungsführungen in Kauf genommen werden.

Wie bereits eingangs erwähnt, wurde ich während der Aussprachetagung der Arbeitsgemeinschaft Fernwärme in Nürnberg im November 1983 auf ein verbessertes Tunnelbauverfahren aufmerksam gemacht und konnte ein - vom Schwierigkeitsgrad her zwar nicht mit der Rheinquerung zu vergleichendes- Vortriebsverfahren  mit druckluftgestützter Ortsbrust im Grundwasser besichtigen. Dies war für uns der Anlass, einen begehbaren Rheintunnel in der für die Verbindung der Fernwärmenetze Innenstadt und Deutz günstigsten Trasse nördlich der Hohenzollernbrücke zu konzipieren und für den Bau des Tunnels, einschließlich Anfahr- und Zielschacht, von einschlägigen Fachfirmen Kostenvoranschläge mit Beschreibung des Bauverfahrens einzuholen. Es kam nur ein Vortrieb mit Hydroschild unter Stützung der Ortsbrust mit Bentonit-Suspension (Aufschlämmung) in Frage.

Die veranschlagten Tunnelbaukosten, plus der Kosten für die Netzverbundleitung lagen in etwa in Höhe der Kosten für die preisgünstigste realisierbare Dükerlösung plus längerer Verbundleitung. Der Vorteil der Tunnellösung liegt jedoch in folgenden, beim Einschwemmdüker nicht gegebenen Bau- und Betriebsbedingungen:

-          Inspektions-, Wartungs- Reparatur- und Erneuerungsmöglichkeiten für die Fernwärmeleitungen

-          Option für weitere Zubauten an Versorgungsleitungen und Kabeln der GEW und anderer Interessenten  zum jeweils erforderlichen Zeitpunkt. Die vorstehend genannten Vorteile für die Fernwärmeleitung gelten auch für diese Anlagen.

Nachdem die für die Planung verantwortlichen Leiter und Mitarbeiter in Rente gegangen  waren, wies ein „Hinterbliebener“ immer wieder auf den Vorteil einer Fernwärmeleitung in der Hohenzollernbrücke hin. Hierzu sei folgendes nochmals vermerkt (siehe auch die vorstehende Erläuterung):

-          Die Planung einschließlich Statik für den Bau einer Fernwärmeleitung  DN 500 in der von der Bundesbahn geplanten Gehwegerweiterung  der Hohenzollernbrücke war seitens GEW bereits abgeschlossen. Wegen des Gewichts der  FW-Leitung von ca 400 t verlangte die Bahn einen Konstruktionsbeitrag von 2 Mio. DM für die Verstärkung der Gehwegkonstruktion, bedingt durch die auftretende spezifische Belastung durch die Fernwärmeleitung (Gewicht, Reaktionskräfte aus der Bewegung der Fernwärmeleitung an den Auflagern und aus dem Innendruck und den Rückstellkräften aus der behinderten Wärmedehnung).

Hinzu kommen die bereits erwähnten 3 Mio. DM als Vorteilsausgleich bei der Verlegung

in der Brücke gegenüber einer Unterquerung des Rheines (gleich 30 % der Bausumme in

geschlossener Bauweise).

Die laufende Verzögerung des Baubeginns seitens der DB hätte zu einem Verlust der

potentiellen großen Fernwärmeabnehmer, wie Landschaftsverband Rheinland, Lufthansa-

Hochhaus, Hyatt Regency Hotel usw., für die die Kapazität des Deutzer Heizwerkes

beiweitem nicht mehr ausreichte, geführt.  Die ruhige Lage in einem Tunnel wird der

Leitung besser bekommen als die laufende Rüttelbelastung in Europas meistbefahrener

Bahnbrücke, die in jedem Falle  eine schwingungsfreie Gleitlagerkonstruktion erforderlich

gemacht hätte.

Die Kosten-Nutzen-Analyse nach der St.-Gallener- Entscheidungstabellen-Technik brachte die eindeutige Entscheidung: „Rheintunnel für GEW-Sparten und andere Interessenten“. Die Planung, das Genehmigungsverfahren und die Ausschreibungsunterlagen für den Bau im Hydroschildverfahren mit bentonitgestützter Ortsbrust wurden komplett von GEW unter der Leitung von Herrn Deuker erstellt. Bei der Ausschreibung erhielt die Firma HOCHTIEF den Zuschlag für den Bau von Tunnel und Schachtbauwerken.

 

Dieser Ausschnitt aus einem Artikel der Aktuellen Personalinformation der GEW, Heft November 1984, veranschaulicht das Prinzip des Tunnelvortriebs unter dem Rheinstrom.

Allerdings wird das System des Hydroschildes in obiger Darstellung nicht deutlich genug hervorgehoben. Siehe deshalb hierzu folgende Erläuterung:

 

Von links nach rechts betrachtet befindet sich an der Ortsbrust zunächst das gewaltige Schneidrad. Dann folgt eine Tauchwand, die von oben nach unten in die Stützflüssigkeit Bentonit eintaucht. Das Bentonit hat vor allem die Aufgabe, dem am Schneidrad anstehenden Druck, bestehend aus dem vom jeweiligen Wasserstand des Rheines abhängigen Wasserdruck und dem Erddruck  gegenzuwirken. Dieser Gegen- oder Stützdruck wird von einem zwischen Tauchwand und Druckluftraum befindlichen Luftpolster von oben auf die Oberfläche der Stützflüssigkeit gegeben (weiße Fläche im Bild rechts). Die Genauigkeit und Stetigkeit des Stützdruckes, z.B. beim Ausbruch von größeren Steinen an der Ortsbrust, lässt sich nur über dieses Luftpolster erzielen. Das Bentonit vermischt sich mit dem vom Schneidrad gelösten Boden; dieses Boden-Bentonit-Gemisch wird über eine Leitung aus dem Tunnel hinaus auf eine oberirdische Separieranlage geleitet. Das Bentonit wird wieder über eine zweite Leitung zur Ortsbrust zurückbefördert, der Boden wird per Lkws nach Anweisungen des Wasser- und Schifffahrtsamtes abgefahren und an Auskolkungen im Rhein verkippt. Vor der Ansaugöffnung der zur Separieranlage führenden Leitung befindet sich ein Rechen zum Zurückhalten der größeren Steine und Felsbrocken.

Kurze Planungs- und Bauzeit

Zum Terminablauf sei der nicht uninteressante Hinweis erlaubt, dass  auf den Tag genau zwei Jahre nach der „Geburt“ der Tunnelidee am 16. November 1983 in Nürnberg, anlässlich eines von GEW veranstalteten Tages der Offenen Tür am 16. November 1985 rund 7 000 Besucher den fertigen Rheintunnel, einschließlich der Ende Oktober 1985 in Betrieb genommenen Fernwärme-Netzverbundleitung der Nennweite 500, besichtigten.

Umfassende Dokumentation

Der Bau eines begehbaren Tunnels zur Aufnahme von Versorgungsleitungen ist für die meisten Versorgungsbetriebe eine Aufgabe, die sich im Berufsleben ihrer Mitarbeiter nur einmal stellt. Da also im eigenen Betrieb keine Erfahrungsschätze verfügbar sind, muss auf schriftliche und mündliche  Erfahrungsberichte anderer Versorgungsbetriebe und Fachfirmen zurückgegriffen werden. Es ist erstaunlich, dass es hierfür keine zentrale Archivierung in Deutschland gibt. Für unseren Projektleiter, Herrn Deuker, besteht daher eine der ersten Aufgaben darin, die erforderlichen Verbindungen zu knüpfen und die erhaltenen Auskünfte auf die speziellen Belange unseres Projektes zu übertragen.  Bei der Entscheidungstabellentechnik zur Ermittlung des geeigneten Auftragnehmers spielt das Vorliegen von vergleichbarer Bauerfahrung eine wesentliche Rolle.

IIm Umkehrschluss verpflichten wir uns, die Erfahrungen, einschließlich der auftretenden nicht erwarteten Probleme und deren Lösungen komplett zu dokumentieren und für Dritte nutzbar zu machen. Eine solche Dokumentation befindet sich heute bei der RheinEnergie AG (ehem. GEW-Werke Köln AG).  Für interessierte Fachleute sind touristische Tunnelbegehungen kein vollwertiger Ersatz hierzu.

 

Baugrunduntersuchungen, statische Nachweise und Genehmigungsverfahren

Der Einstieg in unsere Vorgehensweise hinsichtlich Baugrundbeschaffenheit, statischer Belange und Auswahl der Vortriebstechnik erfolgte durch unsere guten Kontakte zum Amt für Brücken- und U-Bahnbau der Stadt Köln, der Deutschen Bundesbahn (S-Bahn-Erweiterung, Baugrunduntersuchungen), und den Technischen Abteilungen der Firmen Hochtief und Brochier. Ebenso konnten wir die Erfahrungswerte der BASF (Rheintunnel zwischen Ludwigshafen und Mannheim) verwerten. 

Für die geologische Beratung wurde das Erdbaulabor Essen und für die statischen Nachweise das Ingenieurbüro Dipl.-Ing. E. Pirlet beauftragt.

Das Auffahren von Tunneln gehört generell zu den schwierigen Bauaufgaben. Der Schwierigkeitsgrad erhöht sich wesentlich, wenn diese Arbeiten unter Grundwasser durchgeführt werden müssen. Der höchste Schwierigkeitsgrad ist dann erreicht, wenn offene Gewässer mit relativ geringer Bodenüberdeckung in nicht standfesten so genannten rolligen Böden zu durchfahren sind.

Deshalb sollen und müssen Bauverfahren gewählt werden, die ihre Erprobung unter ähnlich ungünstigen Bedingungen bestanden haben und es können nur Firmen in Betracht gezogen werden, die über das geeignete Gerät und eine erfahrene Mannschaft verfügen.

Trotz aller vorliegenden Erfahrungen ist zu bedenken, dass jeder Tunnel für sich ein Unikat darstellt und dessen Bau, wie sich auch im vorliegenden Falle erweisen wird, Pionierarbeit erfordert.

Durch die guten Kontakte von Herrn Deuker zu den einschlägigen Fachfirmen und Behörden mit intensiven gemeinsamen Erörterungen kann die Bauvorbereitung nach sehr kurzer Zeit abgeschlossen werden. Bei einer späteren  Besichtigung der Bauarbeiten zeigen sich die Herren der Deutschen Gesellschaft für Grund- und Erdbau erstaunt hierüber und nennen dies eine „Kölsche Lösung“ im positiven Sinne.

 



Auftriebssicherheit der Tunnelröhre und Dichtigkeit der Schachttüren

Zur Überprüfung der Auftriebssicherheit der Tunnelröhre und zur Bestimmung der Stahltüren des Anfahr- und Zielschachtes im Hinblick auf Belastung und Dichtigkeit wurde die Höhe des Jahrhunderthochwassers von 1926 angesetzt. Diese Höhe betrug +10,69 m über Null des Köln-Pegels. Die Nullmarke des Köln-Pegels liegt auf einer Höhe von 35 m über NN. Das heißt, das Jahrhunderthochwasser von 1926 stand 1,5 m über der Straßenhöhe am Rheinufer.

Eine rechnerische Überprüfung ergab, dass eine Auftriebssicherung der Tunnelröhre nicht erforderlich ist.

Bei dem genannten Wasserspiegel würde der Zielschacht einschließlich Eingangstür bis zu einer Höhe von 1,5 m vom Wasser umschlossen. Ein Wasserstand von 1,5 m ergibt bei Zugrundelegung eines mittleren Wasserstandes von 0,75 m und der Türbreite von 1,0 m eine mittlere Belastung von 560 kp. Wir entschieden uns für eine Stahltür (Schiffstür) mit entsprechender Belastbarkeit und einer Gummidichtung mit 50er Shore-Härte.

2. Der Bau des Rheintunnels, Probleme und ihre Lösungen

2.1 Der Schachtbau

Der geschätzte Leser wird in Tabelle 2 mehrmals mit Aufnahmen von dem gewaltigen Stahlnetz konfrontiert, das zunächst am Boden geflochten, dann von einem stämmigen Baukran in den Kölner Himmel gehoben und letztendlich in einen ausgebaggerten Erdschlitz abgesenkt wird.

Es handelt sich um den Bewehrungsstahl, als Moniereisen allgemeiner bekannt, der für die Festigkeit der „Schlitzwand“ zu sorgen hat. Zur Erklärung:

Schachtbauwerke dieser Größenordnung (es handelt sich in unserem Falle um einen ovalen Anfahrschacht und einen kreisrunden Zielschacht)  werden entweder

  • in Caissonbauweise oder
  • nach dem Schlitzwandverfahren

hergestellt. Das Wort Caisson kommt aus dem Französischen und bedeutet Senkkasten. Caissons werden zum Beispiel nach dem Prinzip der Taucherglocke für Arbeiten unter Wasser verwendet. Hier in unserem Falle würde das Schachtbauwerk oberirdisch gefertigt und dann durch Entfernen des Erdkerns langsam in den Boden abgelassen werden. Wir entscheiden uns für die im Kölner U-Bahnbau bewährte Schlitzwandbauweise.

Erst wird links und rechts der geplanten Schlitzwand Führungsbeton gegossen, der, wie der Name verrät, die Spezial-Schaufel des Baggers haargenau senkrecht nach unten führen wird. Dann beginnt das Ausbaggern des Schlitzes. Dieser wird laufend bis zur Oberkante Erdreich mit der Stützflüssigkeit Bentonit gefüllt. Die hydrostatische Bentonitsäule (Bentonit-füllung der Schlitzwandausschachtung) ist ein setzungsfreier Verbau, so dass die Erdwände nicht einstürzen können.



Der Führungsbeton für das Ausbaggern des Erdschlitzes

Dieses Verfahren wurde praktikabel, als man in den USA bei dem Ort Fort Benton am Rock Creek Wyoming (hat also nichts mit „Beton“ zu tun) einen durch Verwitterung vulkanischer Aschen entstandenen Ton mit hoher Quell- und Adsorptionsfähigkeit fand. Gemahlen und mit Wasser angereichert, entwickelt Bentonit folgende  Fähigkeiten:

Unter Druck oder Stillstand bildet Bentonit eine gallertartige Masse, die eine fast undurchdringliche Bentonitmembrane an der Ortsbrust bildet und somit eine Dichtigkeitsfunktion bewirkt.

In Bewegung schmiert es, zum Beispiel die Außenflächen der Betonrohre beim Vortrieb und reduziert die Mantelreibung.

Mit dem gewonnenen Erdreich vermischt, macht es dieses transportabel in Rohrleitungen.

In ausgebaggerte Erdschlitze eingefüllt, stützt es die Erdwände.

Wir bekommen das Bentonit aus der Hallertau, zwischen Nürnberg und München gelegen, auch als Holledau und Hopfengegend bekannt.

Wenn die Schlitze wie geschildert ausgebaggert sind, wird das grandiose Stahlnetz eingefahren. Die Aufnahmen im Anhang, Tabelle 2, lassen die für das konzentrische Einfahren der etwa 25 m hohen Bewehrung erforderlichen Führungsrollen erkennen. Jetzt wird der Schlitz mit Beton gefüllt; gleichzeitig wird das Bentonit abgesaugt.         Nachdem der Schlitzwandbeton  abgebunden hat und somit die komplette ovale Schachtwand hergestellt ist,  wird der gesamte Erdkern innerhalb der Schlitzwand ausgehoben

Die unschöne Schlitzwand

Die Schachttiefe beträgt insgesamt 25 m, von der sich 17 m im Grundwasserbereich befinden.

Anschließend wird eine Betonsohle unter Wasser (Unterwasserbeton) eingebracht. Nach dem Abbinden dieses Betons wird das Grundwasser abgepumpt. Jetzt ist der Schacht betretbar.  Ist der Schacht von Erde und Grundwasser befreit, erkennt man die unschöne Oberfläche der Schlitzwand.  Also wird jetzt vor diese zum Schachtinnern hin eine saubere Stahlbeton- Innenschale vorgesetzt. Die Abmessungen werden in Tabelle 2 genannt.

2.1.1 Schachtformen

Die ovale Form des Anfahrschachtes und die runde Form des Zielschachtes sind aus rein statischen Gründen gewählt worden. Runde oder ovale Wandformen nehmen die auftretende Belastung durch Selbststützung besser auf als rechteckige.

Warum wird der Anfahrschacht in ovaler Form erstellt? Nun- . Die gesamte Vortriebsanlage hat eine Länge von etwa 30 m. Diese ist zunächst in den an der Erdoberfläche hintereinander lagernden Betonrohren angeordnet. Diese oben lagernden Teile der Vortriebsanlage sind mit Leitungen und Kabeln (zu Beginn ca. 80 Stück) mit dem 64 t schweren Bohrschild mit fünf- armigem Schneidrad und den 6 Pressen à 300 t Druckleistung im Schacht verbunden. Der ovale Schacht ermöglicht in der Folge ein Hinablassen von jeweils zwei Rohren mit je 3,30 m Länge. Da jeder dieser Vorgänge ein Abklemmen und späteres Wiederverbinden dieser Leitungen und Kabel erfordert, reduziert sich die Anzahl dieser Vorgänge durch das Hinablassen von jeweils zwei Rohren. Übrigens, mit der Anzahl der unten angelangten Rohre vergrößert sich die Länge der Vortriebsanlage in der



Zuerst wird der Bohrschild in den Anfahrschacht abgelassen 

Tunnelröhre und es verkleinert sich die Anzahl der ab- und wieder anzuklemmenden Leitungen und Kabel. Gott sei Dank!

Wenn alle Teile unten sind, erreicht die gesamte Anlage eine Länge von rund 30 m. Sie besteht aus dem durch eine Druckwand vom übrigen Bereich getrennten Schneidraum und dem Raum für alle anderen Maschinerien, wie Leitstand, Druckregelanlage, Trafo, Pumpen, Laserquelle usw.

2.2 Höhenlage des Vortriebs



 

Die Höhenlage des Vortriebs richtet sich nach folgenden Kriterien:

  1. Höchster Rheinwasserstand (Hochwasser)
  2. Höhenlage der Kiesschicht
  3. Durchmesser der Tunnelröhre
  4. Möglichst Vermeidung des Durchfahrens des Grenzbereichs zwischen quartärer und tertiärer

Erdschicht (nach uns vorliegenden Informationen bestehend aus Feinsanden mit einer Korngröße von 0,2 bis 0,068 mm Durchmesser, evtl. durchsetzt mit Braunkohle).

Maximal darf hier ein vertikaler Abstand von 30 m ab höchstem Wasserstand des Rheines bis Unterkante Tunnelröhre erreicht werden. Dies entspricht einem Stützdruck von 3 bar. Begründet wird dies mit der Druckluftverordnung, die (z.B. in der Arbeitskammer) nur  ein Arbeiten unter Druckluft bis max 3 bar zulässt. Für diesen Druck ist auch gemäß TÜV die Vortriebsanlage ausgelegt

Das Schneidrad

2.3  Die Tunnelröhre entsteht

Ich komme aus einem Kurzurlaub zurück und wandere bereits am ersten Arbeitstag frühmorgens zur Tunnelbaustelle, zugegebenermaßen, um den erhofften  guten Baufortschritt vorzufinden. Doch schon beim Näherkommen vermisse ich das Geräusch einer in voller Aktion befindlichen Baustelle.  Der Grund ist schnell und einleuchtend erklärt. Wegen der Verwerfungen zwischen tertiärer und quartärer Erdschicht im Untergrund (Ton) und der Vorgabe (siehe oben), diesen Bereich beim Vortrieb nicht zu durchfahren, wurde die Tunnellage oberhalb derselben im quartären Grobkies vier bis fünf Meter unterhalb der Rheinsohle festgelegt. Ein Vortrieb in dieser Höhenlage ist ein gewagtes Unterfangen. Man bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen der Gefahr des Einstürzens der Ortsbrust bei zu gering erzeugtem  Stützdruck an der Ortsbrust und der Gefahr eines Ausbläsers bei zu hoch erzeugtem Stützdruck an der Ortsbrust. Nach einem solchen Ausbläser würde ein anschließender Wassereinbruch kaum zu verhindern sein. Um sicherzustellen, dass ein Wassereinbruch nicht den gesamten Tunnel erfassen würde, wurden von der Firma Hochtief folgende Absicherungssysteme geschaffen:

  • geschlossener Arbeits-/Abbauraum
  • dahinter geschlossener Maschinenraum
  • dahinter abschließend geschlossene Druckausgleichskammer.

Diese Konstruktionsmerkmale waren bei der Vergabe mitbestimmend für die Ermittlung des Erfüllungsgrades beim Bewertungskriterium „Sicherheit während der Bauphase“ (St. Gallener Entscheidungstabellentechnik).

Der erforderliche Gegendruck an der Ortsbrust errechnet sich aus der Summe des vom jeweiligen Wasserstand des Rheines abhängigen Wasserdruck und dem Erddruck. Letzterer beruht wesentlich auf  Erfahrungswerten.  

2.3.1 Einbruch im Bereich der Deutzer Uferbefestigung

Im Zuge der Beseitigung von Kriegsschäden an der Uferbefestigung hatte man Wände aus Spunddielen am Ufer eingerammt und den Raum zwischen der stählernen Wand und dem Ufer mit grobem Material (u.a. Schutt) verfüllt und nach oben mit Grauwackesteinen abgeschlossen. Somit waren die natürliche Gewölbewirkung  und die eigene Tragkraft des Bodens nicht mehr gegeben. Durch das Fehlen von Feinkorn jeglicher Art im groben Verfüllmaterial (Schutt) ergaben sich hohe Durchlässigkeitskennwerte so dass auch die Eigendichtigkeit nicht mehr gegeben war. Bei Kenntnis dieses Sachverhaltes hätten wir im Vorfeld des Vortriebs eine Bodenverfestigung vorgenommen.

Aus den vorgenannten Gründen entstand ein schlagartiger Druckabfall im Arbeitsraum. Die Ortsbrust stürzte ein, Wasser, Schutt und Steine verfüllten den Arbeitsraum und blockierten das Schneidrad.

 –Stillstand-

Die Grauwackesteine waren abgetaucht und nicht mehr zu sehen. Und das alles in unmittelbarer Nähe der Anlegestelle der Rheinfähre!

Bei Störungen größeren Umfanges, wie Einbrüche und Ausbläser, muss das im Schildraum befindliche Bentonit-Boden-Gemisch mittels einer Bentonit-Zement-Suspension verpresst werden. In den Trennwänden vorhandene Rohrstutzen lassen diese Möglichkeit zu. Es muss allerdings eine Zusammensetzung der Suspension (Bentonit-Zement-Wasserglas) gefunden werden, die lediglich Dichtigkeit gegenüber Boden- und Wasserdruck gewährleistet, jedoch ihre manuelle Beseitigung  durch „eimern“, also ohne größere Werkzeuge zulässt.

Das „Freischaufeln“ der Ortsbrust erfordert zunächst einen Austausch der Stützflüssigkeit gegen Druckluft, damit man durch eine Schleuse zum Schneidrad gelangen kann. Die Aufenthaltszeit ist zeitlich begrenzt, um keinen Ausbläser zu riskieren, der bei den gegebenen Rahmenbedingungen bei reiner Druckluftstützung schnell zustande kommt. Die Prozedur dauert entsprechend lange und es gehen mehrere Tage beim Vortrieb verloren.



Projektleiter Deuker inspiziert das Schneidrad

Im weiteren Verlauf der Trasse, also unter dem Rheinstrom, vermindert sich die Erdlast und die Eigenreibung des Bodens wird reduziert. Unter Wasser ist bei rolligen Kiesböden die natürliche Gewölbebildung so gut wie nicht gegeben.

Ein beachtenswertes Problem bei der Festlegung des Stützdrucks ist der Höhenunterschied zwischen Ober- und Unterkante des Rohres. Bei 3,60 m Ø beträgt der Druckunterschied 0,36 bar. Die Ortsbrust steht hierdurch im Oberbereich im labilen Zustand. Das Schneidrad selbst, bestehend aus fünf freistehenden Armen, hat in Betrieb keine Stützwirkung.

Aussagekriterien zur jeweiligen Beschaffenheit des vorgefundenen Bodens und dessen Struktur sind:

  • Bentonitverbrauch und Luftverlust (messbar)
  • Drehmoment und Drehzahl des Schneidrades
  • Andrücklast der Pressen
  • Fließgeschwindigkeit in der Bentonitförderung
  • Stromaufnahme der Förderpumpen.

Hier bewährte sich die Qualität der Mannschaft der Firma Hochtief bei den gemeinsamen Problemlösungen.

Die oben genannten Kenntnisse sind maßgebend für die Stellung des Schneidrades (Vorschnitt oder Bodenstopfen) und maßgebend für die Feineinstellung des Stützdruckes.

2.3.2 Weitere Schwierigkeiten währen der Bauphase

In der Folge läuft es an manchen Tagen recht zügig. Doch dann kommt wieder Ärger auf uns zu, als wir regelrechte Nester mit Steinen und Findlingen durchfahren, die plötzlich in ihrer 100 000 Jahre langen Ruhe gestört werden. Trotz umfangreicher Bodenuntersuchungen und Durchführung eines geologischen Gutachtens hatten wir nicht damit gerechnet, im Flussbett rund 317 000 Gesteinsbrocken vorzufinden. Allein 78 000 Findlinge konnten nur unter extremen Bedingungen von Hand geborgen werden. Der dickste Brocken wog rd. 360 kg.  Bei der hier herrschenden Durchlässigkeit des Bodens reicht selbst Bentonit nicht mehr aus, einen stabilen Stützdruck aufzubauen. So sitzt man abends in der Baubaracke und überlegt gemeinsam mit der Firma Hochtief zwecks Auswahl brauchbarer Zusatzstoffe. Irgendwann verfällt man auf Wasserglas, das jedoch nur in geringen Mengen zugesetzt werden darf, sonst verklebt das Schneidrad. Ferner wird ein Teil des an der Separieranlage gewonnenen Feinsandes wieder mit dem gereinigten Bentonit über die Speiseleitung zur Ortsbrust befördert. Diese gebündelten Maßnahmen reichen dann glücklicherweise doch aus, den notwendigen Stützdruck zu stabilisieren.   Aber das muß ja alles erst herausgefunden werden! Übrigens: Die Steine müssen, da sie vor dem Rechen hängen bleiben, in zeitlichen Abständen von Hand und unter Druckluft geborgen werden. Viele sind heute noch im Anfahrschacht zu besichtigen. Dort werden sie, mit Datum und Station des Auffindens beschriftet, hin und wieder den Besuchern gezeigt. Sogar ein Eisenträger, Teil der bei Kriegsende gesprengten Hohenzollernbrücke, stellt sich dem Schneidrad in den Weg und muß geborgen werden.

Obwohl ein Teil des Bentonits zwecks Reduzierung der Reibungskräfte zwischen Rohraußenwand und Erdreich als Schmiermittel gepreßt wird, reicht die Druckleistung der im Anfahrschacht stehenden 6 Pressen nicht aus, sämtliche Rohre gleichzeitig vorzupressen. Deshalb wird nach jeweils 25 Rohren à 3,30 m Länge eine Dehnerstation zwischengeschaltet. So wie sich ein Regenwurm durchs Erdreich vorwärts bewegt, werden also zunächst nur die ersten 25 Rohre gleichzeitig vorgepreßt, dann die nächsten 25 Rohre, usw.

Noch ein Wort zur Separieranlage: Hier wird, wie bereits angedeutet, die Bentonitflüssigkeit vom Erdreich getrennt, gereinigt und über Speiseleitungen zurück in den Kreislauf gepumpt. Die Trennung erledigen Schüttelsiebe und Hydrozyklone

2.4 Vermessung

Eine sehr wichtige Aufgabe ist die laufende vermessungstechnische Ortsbestimmung, weil das ungewollte Abweichen von der Trasse nach Lage und Höhe stets Korrekturen erfordert. Basis für diese Vermessung sind die Polygonpunkte des Polygonnetzes im anstehenden Gelände. Diese Punkte werden zur Laserquelle in der Vortriebsanlage übertragen und täglich sowohl von der Firma Hochtief als auch von der eigenen Vermessungsabteilung überprüft und verglichen. Den genauen Abgleich der Soll- und Istachse der Tunnelröhre besorgt ein Laserstrahl, der von der Laserquelle ausgehend auf eine Zielscheibe an der Vortriebsmaschine trifft. Diese Zielscheibe ist mit einem Rechner im Baucontainer verbunden. Hier sind die Maße der 

Sollachse eingegeben. Die durch den Abtastvorgang des Laserstrahls erzielte Information ist Basis für die Steuerung des Vortriebsschildes.  Sie wird durch ein Verkanten des Bohrschildes erzeugt. Wenn die natürliche Streuung des Laserstrahls nach ca 80 m die vorgegebene Zulässigkeit erreicht hat, muss das Lasergerät im Bezug auf die Polygonpunkte neu eingerichtet werden (Zeitverlust).



Der Durchstich in den Zielschacht auf der linken Rheinseite ist geschaft

2.5 Geschafft

Doch eines Tages ist es soweit. Mit einer Genauigkeit in Zentimetergröße wird die vorgesehene Öffnung im bereits vorhandenen Zielschacht auf dem linken Rheinufer in Domnähe durchfahren. St. Barbara sei Dank! Und so feiern die Mitarbeiter von Firma Hochtief und GEW gemeinsam das Gelingen einer Pionierleistung.

Jetzt gilt es, den Innenausbau und die Verlegung der Fernwärmetransportleitung im Tunnel mit Anbindung an die vorhandenen Fernwärmenetze auf beiden Rheinseiten zügig durchzuziehen. Nach zwei Jahren, vom Tag der Geburt der Tunnelidee an gerechnet, fließt die Fernwärme durch die Leitung und es fließt ein Strom von 7000 Besuchern am Tag der „Offenen Tür“ durch das sehenswerte Bauwerk.



Der Kölner Rheintunnel ist in Betrieb und auf den Plakaten der GEW-Werkr Köln AG heißt es: Fernwärme voll im Fluss.

Und so berichtet die Kölner Presse:

 
   


3.  Bauüberwachung / Bauleitung/Archivierung

Bauüberwachung und Bauleitung sind ein wesentlicher Beitrag zum Gelingen des Projektes. Sie dienen Auftraggeber und Auftragnehmer zum frühzeitigen Erkennen von Problemen und Finden von Lösungen zur Beseitigung derselben. Aufgrund der während der Baumaßnahme gewonnenen Erkenntnisse wurden von GEW und Firma Hochtief gemeinsam u.a. folgende Festlegungen getroffen:

Wegen des beträchtlichen groben Kiesanteils und des Vorfindens größerer Steine

-         Vergrößerung der Abraumförderleitung von DN 150 auf DN 200

-         Einbau von zwei Steinfängern zwischen Vortriebsmaschine und Förderpumpen. Dies ermöglichte die Filterung der Korngrößen ab 80 mm und ein wechselseitiges Fahren der Förderanlage.

-         Umbau der Förderpumpen von Bergwerkläufer auf Bergwerkrotoren, wodurch Korngrößen bis zu 80 mm des Abraumes gefördert werden konnten.

3.1 Verantwortung des Auftraggebers

Da bei derartigen Baumaßnahmen im Untergrund die Verantwortung beim Auftraggeber verbleibt, wurde für die verantwortliche Projektleitung und Baudurchführung das folgende Team benannt und mir als verantwortlichem Abteilungsleiter direkt unterstellt (flache Aufbau- und Ablauforganisation):

-         Projektleitung und Oberleitung der Baumaßnahme: Herr Volkmar Deuker

-         Örtliche Bauleitung: Herr Dipl.Ingenieur Rolf Müller (inzwischen verstorben),

mit den Meistern Howag, Hecht und Akgün

Der Personalauswahl lagen als wesentliche Auswahlkriterien zugrunde:

-         Bereits bewiesene fachliche Qualifikation,

-         hohe Zuverlässigkeit,

-         sehr hohe Verantwortungsbereitschaft,

-         Fähigkeit, veränderte Rahmenbedingungen schnellstens zu erkennen und ohne Verzögerung in angepasste Maßnahmen umzusetzen.

Zu ihren Aufgaben gehörten im Wesentlichen auch:

-         Alle Abnahmen der Bewehrung des Anfahrschachtes, des Zielschachtes und der Vortriebsrohre im Beisein des Statikers. Gemeinsame Erstellung eines entsprechenden Abnahmeprotokolls.

-         Bestätigung der erbrachten Leistungen gemäß dem Bauleistungsverzeichnis.

-         Qualitätsprüfung in Bezug auf Material und Bauausführung

-         Terminverfolgung

-         Wöchentliche Baubesprechung mit Kontrolle der vorausgegangenen Festlegungen und Erstellung einer Niederschrift

-         Komplettierung aller relevanten Unterlagen und Sicherung derselben als Archivierung, damit die umfangreichen Erfahrungsschätze auch für die Tunnelprojekte anderer Betreiber und Firmen genutzt werden können. Hinweis: Ob und wie diese angebotene Hilfe genutzt wird, liegt nicht in unserer Hand.

Alle Ergebnisse waren mir zeitnah vorzulegen. Diese Vorgehensweise trug wesentlich zu einem unfallfreien Bauablauf und zum erfolgreichen Abschluss von Projekt und Baumaßnahme bei. Erst mit diesem Abschluss betrachtete Herr Deuker, der in vorbildlicher Weise selbst nachts zur Verfügung stand, seine Aufgabe als Projektleiter und Oberleiter der Baumaßnahme als beendet.

Die Zusammenarbeit mit der Firma Hochtief, die über umfangreiche Erfahrungen im U-Bahn und Tunnelbau  verfügte, war sehr gut. Da wir uns im vorliegenden Falle aber an der Grenze der Anwendbarkeit des geschilderten Verfahrens bewegten, für das keine Erfahrungswerte vorlagen, wurde hier eine echte Pionierleistung vollbracht.

 



. Kunst im Tunnel

 

Die weltweit wohl einzige unterirdische Kunstaktion zur Millennium-Feier am Jahreswechsel 1999 / 2000 findet im Rheintunnel der GEW statt. Die Künstlerin Siglinde Kallnbach legt hier eine Wunschspur aus. Die Wünsche sammelt sie bis zu diesem Zeitpunkt in aller Welt.

 

Immer wieder ist der Rheintunnel Austragungsort von künstlerischen Veranstaltungen. Wer hätte das während der Bauzeit gedacht!



5. Nochmals: Bentonit      Ich möchte nochmals auf das für unseren Tunnelbau wichtige Hilfsmittel Bentonit zurückkommen. Die Fähigkeiten des Bentonits habe ich im Vorstehenden bereits beschrieben. Auf die Frage „Wodurch hat Bentonit diese Fähigkeiten?“, bekommt man von den Schmiermittelfachleuten zur Antwort: „Bentonit“ verhält sich wegen seiner hohen Quell- und Adsorptionsfähigkeit  wie ein thixotropes Gel, hat also die Eigenschaft, sich bei mechanischer Einwirkung, zum Beispiel Umrühren, zu verflüssigen und in der Ruhe wieder  die Ausgangsviskosität (Zähflüssigkeit) aufzubauen. Dadurch würde es in der Bewegung schmieren und in der Ruhe abdichten. Mikroskopisch kleine Plättchen würden sich in Bewegung parallel zueinander und in der Ruhe unter Druck quer stellen. Das stimmt augenscheinlich und hat sich auch bei unserem Tunnelbauverfahren als richtig erwiesen. Die vorhandenen Kenntnisse genügen für die praktische Anwendung. Aber vielleicht wird die Grundlagenforschung in der Zukunft weitere Kenntnisse gewinnen, um über die bisherige praktische Nutzanwendung hinaus eine weitere Fülle von Gesetzmäßigkeiten zu erklären. Wenn man sich nicht mit dieser allgemeinen Aussage begnügt, sondern weiter fragt, kommt man zu der Aussage, Bentonit sei ein Gestein aus einer Mischung verschiedener Tonmineralien mit 60 bis 80 % Montmorillonnit, einem Schichtsilikat, was seine starke Wasseraufnahmefähigkeit und Quellfähigkeit erkläre. Weitere Begleitmaterialien seien Quarz, Glimmer, Feldspat, Pyrit und Caleit. Hier sei auf die vorhandene Literatur verwiesen. Unter dem Titel „Bentonit, ein vielseitiges Industrieproduktbeschreibt Herr Dr. R. Fahn, Süd-Chemie AG, Moosburg, sowohl die wichtigsten Bentonitlagerstätten als auch die wesentlichen „Typen“ und die heute bereits bestehenden Anwendungsfelder in der Bauindustrie. Wie bereits vorhin erwähnt, entstand Bentonit durch die Verwitterung vulkanischer Asche. Die enorme innere Oberfläche beträgt etwa 400 bis 600 qm/g (normaler Ton: 2 qm/g). Bentonit ist fachlich ausgedrückt ein Nichtnewtonsches Fluid und weist somit ein thixotropes Verhalten auf. Derjenige Leser, dem die Erklärungen jetzt zu ermüdend erscheinen, möge den Rest dieses Kapitels getrost beenden und sich mit der bisherigen Beschreibung begnügen. Der übertrieben  Wissbegierige aber wird jetzt fragen, was ein nichtnewtonsches Fluid sei. Ich schreibe es lediglich der Vollständigkeit halber, bitte aber den Leser, hier die vorhandene spezielle Literatur zu benutzen. Also: Das

newtonsche Fluid umgekehrt ist eine Flüssigkeit oder ein Gas, dessen Scherspannung (auch Schubspannung) proportional zur Verzerrungsgeschwindigkeit (Schergeschwindigkeit) du/dy ist.

 τ= ή du/dy. Die Proportionalitätskonstante  ή heißt auch dynamische Viskosität. u ist die Strömungsgeschwindigkeit parallel zur Wand und y die Ortskoordinate normal zur Wand. Newtonsche Fluide sind u.a. Wasser, Luft, manche Öle und viele Gase. Zu den nichtnewtonschen Fluiden, die sich abweichend verhalten, zählen: Blut, Glycerin und Teig, - und unser Zufallsprodukt Bentonit.

Die Forschung wird sich aber nicht mit verengtem Blick auf dieses Zufallsprodukt Bentonit beschränken. Das Fachgebiet der unterirdischen Bauweise steht erst am Anfang einer segensreichen Entwicklung und Anwendung. Das muß so sein, denn bei den bisherigen Verfahren der offenen Baugruben und Gräben sind die Leichtigkeit des Bauens, die Leichtigkeit des Verkehrs und der Schutz der Vegetation (zum Beispiel der Straßenbäume) nur noch zu Lasten des Einen oder Anderen zu bewerkstelligen. 

So nebenbei, ohne irgendeine Parallele konstruieren zu wollen, fällt mir das physikalische Problem ein, die Doppelnatur des Lichts zu erklären, das sich bei räumlicher Fortbewegung und beim Reagieren auf Hindernisse und an engen Spalten wie eine  Welle benimmt (Beugung) und bei der Energieübertragung wie ein Haufen kleiner Lichtkörper verhält. Dieselbe Zwiespältigkeit gilt für die Elektronen und damit für alle Materie. Und die heutige Erklärung, wonach die Art, wie Elektronen reagieren, von einer bestimmten Art der Beobachtung abhänge, nimmt man fast ungläubig zur Kenntnis; sie kann auch nicht befriedigen, obwohl sie nach dem heutigen Stand der Forschung „brauchbar“ ist.

Aber wir, die Bauleute haben nach Kirchhoff (abgewandelt) die Aufgabe, die auf einfachste Weise beschriebenen Naturvorgänge möglichst vollständig, sofern vertretbar, zu nutzen, nicht aber ihre Ursachen zu ermitteln. Dies sei Aufgabe der Grundlagenforschung.

6. Kreuzungen im Stollenbau- Verfahren



Grundwasser im Stollen

Bei allem Stolz auf den in kürzester Zeit und ohne jeden Unfall geglückten Bau des Rheintunnels ist es geboten, in jedem Einzelfall das optimale Kreuzungsverfahren für die vorherrschenden Rahmenbedingungen  zu ermitteln.

Beim Bau der Fernwärmetransportleitung (Vor-und Rücklaufleitung in Nennweite 600) zur Versorgung der Kölner Universität wurde im Kreuzungsbereich der Roonstraße die Stollenbauweise der Kölner Firma Friedrich Wassermann angewendet. Dies ist möglich, weil die Kreuzung normalerweise oberhalb des Grundwassers liegt.

Dieses Verfahren erlaubt, im Gegensatz zum Tunnelvortrieb, eine streckenweise Verengung des Stollenquerschnitts. Es ist aber im Grundwasser nicht anwendbar. Bei steigendem Grundwasserspiegel muss der Stollen geräumt werden. Die Arbeiten können dann nach dem Absinken des Grundwasserspiegels wieder fortgesetzt werden. Die Unterquerung der Roonstraße in der Kölner westlichen Neustadt führte u.a. durch ein nicht erwartetes Massengrab aus der Zeit der Pest. Man erkennt dies an 

dem massenweise vorgefundenen Chlorkalk. Die Stadt

Köln und das Römisch-Germanische-Museum waren an diesem Fund nicht interessiert. Für die einen war das Grab zu alt, für die anderen zu jung. Deshalb fertigten wir eine Skizze mit genauer Beschreibung an und sandten diese unaufgefordert der Stadtverwaltung zu. Dann wurden die früheren Einwohner Kölns zur Kippe abgefahren. Makaber!



Stollenbauverfahren zum Unterqueren von Verkehrswegen beim Bau von Fernwärmeleitungen

Dieses Kreuzungsverfahren findet später weitere Anwendung.

Im Zusammenhang mit sehr kaltem Winterwetter ist einmal der heute gängige Ausdruck geprägt worden: Es friert durch Stein und Bein. Hier im Kreuzungsbereich der Roonstraße war er sogar abgewandelt auf den Stollenvortrieb, der im Bereich eines Massengrabes durch Stein und Bein ging und für die Bauarbeiter alles andere als ein Vergnügen war, anwendbar.

Mit diesen unschönen Gedanken kann ich diese Kapitel nicht gut abschließen. Deshalb sei kurz darauf hingewiesen, dass mittlerweile weitere grabenlose Kreuzungsverfahren erfolgreich entwickelt wurden.

 

 



Zurück zum Thema Rheintunnel



Die Hohenzollernbrücke bei Kriegsende 1945

Die Tunneltrasse befindet sich unterstromseitig,

also in Blickrichtung rechts von der Brücke,

wo wir beim Tunnelvortrieb

 auf einen Stahlträger stießen.



7. Tabellen

7.1 Tabelle 1: Meilensteine der Kölner Fernwärmeversorgung

                                       

 

1958      Inbetriebnahme des Heizkraftwerkes Merkenich zur Dampfversorgung von zwei petrochemischen Betrieben.

1961      Ratsbeschluß über die Fernwärmeversorgung im Ortsteil „Neue Stadt“ (Chorweiler, Heimersdorf, Seeberg)

1961      Beginn des Netzaufbaues „Neue Stadt“ in den Bereichen Heimersdorf und Seeberg.

1962      Beginn der Wärmelieferung aus dem Heizwerk „Neue Stadt- Chorweiler“.

1964   Aufnahme der Fernwärmeversorgung in

           Köln-Deutz, zunächst mit 2 mobilen

           Heizstationen.

1965        Erweiterung des Netzes „Neue Stadt“  auf dem Gebietsteil Chorweiler

 

1965          Erweiterung des Heizkraftwerkes Merkenich um einen 58,3 MW- Entnahme-Kondensationsturbosatz; erstmalig Fernwärme aus der Kraft-Wärme-Kopplung.

1966          Erste Fernwärmelieferung für das Gebiet Chorweiler.

1966         Heizkraftwerk Zugweg nimmt die

              Fernwärmeversorgung der Kölner

              Innenstadt auf.

              Der WDR ist erster Kunde.

              Inbetriebnahme des Heizwerkes in Köln-

              Deutz

1967        Aufnahme der Fernwärmeversorgung in den Vororten Bocklemünd und Merheim durch mobile Heizstationen.

1967Wärmeversorgung des Netzes „Neue

              Stadt“ aus dem HKW Merkenich über

              eine 6,5 km lange Transportleitung (DN

             500, PN 16).

1968Inbetriebnahme der Heizwerke Merheim

             (für die weitere Erschließung der Gebiete

             Merheim und Neubrück) und

             Bocklemünd

1969Erweiterung des HKW Merkenich um 

             einen 100 MW-Block zur Deckung des

             steigenden Fernwärmebedarfs im Gebiet

            „Neue Stadt“.

1970Inbetriebnahme der 2. Ausbaustufe im

             HKW Zugweg.

.

 1971    Genehmigung zum Bau eines    315 MW-

             Blockes im Heizkraftwerk Niehl

 

1972Erstmalige Lieferung der Fernwärme für

             die Innenstadt aus dem Heizwerk Niehl

             über eine 3,5 km lange Transportleitung

             DN 1000/900, PN 16.

1973Baubeginn des Heizkraftwerkes Niehl.

              Inbetriebnahme der 2. Ausbaustufe im

              Heizwerk Merheim.

1977            Inbetriebnahme des Heizkraftwerkes Niehl.

1978            Inbetriebnahme eines Zwischenpumpwerkes (Vor- und Rücklauf) in der Transportleitung HKW Merkenich/ Neue Stadt.

1982              Ausbau des Fernwärmenetzes Innenstadt unter Einsatz des Kunststoff- Verbundmantelrohr-Systems (Senkung der Baukosten).

1984

               Inbetriebnahme des Netzverbundes Neue

               Stadt/ Bocklemünd über eine 7 km lange

               Transportleitung (DN 350, PN 16), zwei

               Druckerhöhungsstationen und eine

               Beimischstation. Stillegung des HW

               Bocklemünd (Reserveheizwerk).

               Bocklemünd wird aus Kraft-Wärme-

               Kopplung versorgt.

1985              Inbetriebnahme einer 1,7 km langen Transportleitung (DN 700/600) im Innenstadtnetz zur Sicherung der Versorgung und als Voraussetzung für den Anschluß der Universität.

1985                Inbetriebnahme des Netzverbundes

                 Innenstadt/ Deutz über eine 1,6 km

                 lange Transportleitung (DN 500/ 400,

                 PN 16), wobei die erforderliche

                 Rheinquerung im begehbaren Tunnel

                 erfolgt.

                 Köln-Deutz wird mit Fernwärme aus

                 Kraft-Wärme-Kopplung versorgt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



7.2 Tabelle 2: Technische Daten des Rheintunnels der GEW-Werke Köln AG



Herstellen der Bewehrung für die Schlitzwand des Anfahrschachtes

Ablassen der Bewehrung in die vorerst mit Bentonit (Stützflüssigkeit) gefüllten Schlitze für die Schlitzwand

 

2.0    Schächte

Dicke der Schlitzwand        82 cm                              

Dicke der Stahlbeton-

Innenschale                         40 cm

                                    

2.1      Anfahrschacht (rechtsrheinisch)

Form: Ellipse

Abmessungen innen:          13,1 m in der

                                                    Länge

                                              9,6 m in der

                                                    Breite

Dicke der Schlitzwand:        82  cm

        Dicke der Stahlbeton-

        Innenschale                           40 cm

        Oberkante Gelände               45,30 m über NN

        Tiefe der Schlitzwand          24,20 m

                        entsprechend         21,10 m über NN

        Schachttiefe von OK Gelände

        bis Sohle des Schachtes        19,60 m                            

                        entsprechend         25,70 m über NN                                 

2.2  Zielschacht (linksrheinisch)

Form: Kreis

Abmessungen innen                6,00 m

Dicke der Schlitzwand und der Stahlbeton- Innenschale wie beim Anfahrschacht.

Oberkante Gelände:                44,30 m über NN

Tiefe der Schlitzwand             23,50 m                           

               entsprechend            19.70 m über NN

Schachttiefe von OK

Gelände bis Sohle des

Schachtes                                 20,00 m

                entsprechend            24,30 m über NN

 

2.3   Tunnel:

        Länge der Tunnelröhre           461,77 m

Außendurchmesser                     3,60 m

Innendurchmesser                       3,00 m

Wanddicke                                    30 cm

Material                                   Stahlbeton B 45

Lage des Tunnels                     Rheinkilometer 688,6

4 – 6 m  unterhalb der Rheinsohle                             

Abraum aus dem Tunnel:         rd. 15 000 m3

                                                 (entspricht rd. 2500 Lkw-Ladungen)        

Rohrvortrieb:                            im Durchschnitt 2,76 m pro Tag

Planungs- und Bauzeit:

        Vorplanung                                Dezember 1983 –Mitte Februar 1984

        Entwurf und Genehmigungen   Mitte Februar- Ende April 1984

        Wettbewerb und Vergabe          Mai 1984

        Baubeginn Schächte                 8. Juni 1984

        Tunnelvortrieb                           8. Oktober 1984 – 7. Juni 1985

       

        Durchstich                                 12. Juni 1985

        Innenausbau                              Juli 1985 – Oktober 1985

        einschl. Rohrleitungsbau,

        Wärmedämmung,

        Elektroanlagen,

        Fernwirkanlagen,

        Lüftungstechnik,

        Entwässerungsanlagen

 

8.  Nutzung des Fernwärmetunnels als Mehrspartentunnel

 



Halfenschiene und Hammerkopfschraube

In die Tunnelrohre kreisrund eingelassene feuerverzinkte Halfenschienen ermöglichen die problemlose nachträgliche Verlegung weiterer Rohrleitungen für Gas und Wasser sowie Strom- und Nachrichtenkabel unter Verwendung von Hammerkopfschrauben

Im Foto sind diese bei der werkstattmäßigen Herstellung der Tunnelrohre in den Stahlbeton aufgenommenen Halfenschienen zu erkennen.  Sie enden kurz vor der Tunnelsohle, um ein problemloses Entwässern des Tunnels im Bedarfsfall zu ermöglichen. Dieses Verfahren erübrigt den vorzeitigen Einbau von Konstruktionen für spätere Rohr- und Kabelverlegungen.

Foto  aus dem Buch „Kölner Orte die man gesehen haben muss“ von Bernd Imgrund (Foto von Dr. Britta Schmitz),

Copyright

www.emons-verlag.de

eMail: schmitz@emons-verlag.de



Ein noch besseres Erkennen der in den Betonrohren enthaltenen Halfeneisen erhält man auf einem "Bild von Infrarot aus Tunnel" von fotocommunity im Internet.

9. Bildmaterial  Die Bilder wurden teils der Zeitschrift „Die Baubude“  für Mitarbeiter der Firma HOCHTIEF, Nr.118, September 1985, teils der Mitarbeiterzeitschrift der GEW-Werke Köln AG entnommen.

 

9.1 Bergung der großen Steine unter Druckluft von Hand.



Gemeinsam erstellte Dokumentation
Von Hand geborgene große Steine
9.2 Steuerstand des Schildfahrers

Die Vortriebsanlage, die zum dritten Mal im Einsatz ist, wurde vorher von HOCHTIEF restauriert, erweitert und verbessert.

Das Bergen der großen Steine erfolgt unter gemeinsamer Kontrolle von Firma HOCHTIEF und GEW.  Dann werden die Steine per Stahlkübel an einer Hängebahn durch den Tunnel zum Anfahrschacht transportiert. Um Problemen bei der Abrechnung vorzubeugen, sind die Erschwernisse aufmaßfähig positioniert.



9.3 Bauhof am Start- oder Anfahrschacht nördlich der Kölner Hohenzollernbrücke
Schlitzwandbewehrung mit eingebautem Anfahrring

9.4 Bewehrung der Schlitzwände (hier des Anfahrschachtes rechtsrheinisch)



Gemeinsame Prüfung der Bewehrung hinsichtlich Vollständigkeit und Qualität. Links: Unser "Tunnelmüller (Örtliche Bauleitung), rechts: Projrktleiter Deuker

10. Sicherheitsvorkehrungen



10.1 Untersuchung des Personals auf

                      Drucklufttauglichkeit

 



10.2 Rettungscontainer auf dem Bauhof am Startschacht rechtsrheinisch



Mit dem Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin, 51147 Köln, Linder Höhe, wurden alle erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen hinsichtlich Tauglichkeit des Personals für Arbeiten unter Druckluft und erforderlicher Maßnahmen bei Eintreten eines Unfalls im Druckluftraum abgestimmt. Hierzu gehören die Schulung, die  Aufstellung eines Rettungscontainers auf dem rechtsrheinischen Bauhof am Startschacht und die Herstellung eines „Heißen Drahts“ zwischen Institut und  örtlicher Bauleitung.



10.3 Ordnung auf Bauhof und Baustelle



Die auf dem Bild erkennbare Ordnung ist Voraussetzung für ein unfallfreies Arbeiten und eine durchgehende Materialkontrolle von der Anlieferung bis zum Einbau.

Durch die beispielhafte Zusammenarbeit von HOCHTIEF und GEW, auch bei der laufenden Planung und Durchführung von Problemlösungen während der Bauarbeiten, waren weder Unfälle noch Materialschäden zu beklagen.



10.4  Hoher Mechanisierungsgrad der Anlage der Firma HOCHTIEF



Die gesamte Vortriebsanlage                         Die Elektro-Magnet-Steuerung

Dank der ausgereiften elektronischen Regel- und Messtechnik konnten selbst die überraschend aufgetretenen geologischen Störungen weder Vortriebspersonal noch Vortriebsanlage gefährden.

11.  Abschluss des Berichtes



Wer den Rheintunnel besichtigt, betritt eine trockene Anlage. Dieser Zustand wurde erreicht, weil wir auf eine Bananenform der Tunnelröhre verzichteten, wie sie zur Reduzierung der Schachttiefen mitunter gewählt wird. Nur die gerade Linienführung (hier mit leichtem gleich bleibendem Gefälle) ermöglicht extrem dichte Verbindungen der Vorpressrohre.

Ein besonderer Dank gilt sowohl den engagierten Mitarbeitern der Gas-, Elektrizitäts- und Wasserwerke Köln AG unter der umsichtigen Leitung von Herrn Volkmar Deuker als auch den Mitarbeitern der Firma HOCHTIEF mit ihren wertvollen Erfahrungsschätzen. Die vorbildliche Zusammenarbeit beider Teams bei der Lösung der aufgetretenen Probleme und die variierbare  Technische Ausrüstung des Auftragnehmers haben die unfallfreie Fertigstellung des Bauwerks in einer relativ kurzen Bauzeit ermöglicht.



Nachtrag: Risse in Hauswänden

Es wird immer wieder vorkommen, dass Risse in Wänden von Häusern und sonstigen Bauten, die bereits vor der Baumaßnahme existierten, auf Setzungen durch die aktuellen Tiefbauarbeiten zurückgeführt werden. Zur objektiven Klärung des Sachverhaltes dient die auch bei Haftpflichtversicherungen bekannte Pollenmethode:

Die Risse werden mit Klebstreifen verschlossen. Durch  Löcher im Klebstreifen wird die Luft aus den Rissen abgesaugt. Dann wird das Alter der in der abgesaugten Luft enthaltenen Pollen bestimmt.

 


Dieses in der Aktuellen Personalinformation gezeigte Foto wurde im Februar 1986 aufgenommen.Es zeigt das Kölner Dreigestirn zusammen mit dem örtlichen Bauleiter der GEW-Werke Köln AG, unserem "Tunnelmüller" links und unserem Meister Howag rechts.

Unsere Mitarbeiterin Frau Katharina Ender schilderte mir, dass sie in Begleitung von Herrn Howag als erste Frau den Tunnel betreten habe.

Im Kölner Stadt-Anzeiger nach 30 Jahren