Bild oben: Westfeldzug 1940, französische Kriegsgefangene

Historie

zum Thema "Beschäftigung von Asylanten...."

Bild im Kopfbereich: Französische Kriegsgefangene im Mai, Juni 1940 (Massenkapitulation)

 

Kradschützen der Deutschen Wehrmacht auf der Schönauer Dorfstraße* im Frühjahr 1940 (siehe den umfangreichen Bericht unter  www.veriweber.de, Sturmläuten über der Eifel). Kurze Zeit später, am 10. Mai 1940, begann der Blitzkrieg im Westen, der nach 6 Wochen mit einer Massenkapitulation der französischen Streitkräfte und einem Waffenstillstand beendet wurde. In meinem Heimatdorf Schönau wurden viele französische Gefangene, die meisten trotz fehlender Kenntnisse der deutschen Sprache, unverzüglich den Landwirtschaftsbetrieben als Arbeitskräfte zugewiesen.

*) Das erste Haus auf der linken Seite ist das Haus meiner Geburt, Kindheit und Jugendzeit, in früheren Zeiten im deutschen Sprachraum allgemein "Vaterhaus" genannt. Bei diesem Aufmarsch stand ich als Zwölfjähriger mit meiner Vorwitznase hinter den Bildreportern der Deutschen Wochenschau, sah also genau dieses Bild vor mir.

Beschäftigung von Asylanten ohne gute Deutschkenntnisse

Da zur Zeit viele arbeitswillige Flüchtlinge wegen mangelhafter Beherrschung der deutschen Sprache die Lager, Turnhallen und Baracken füllen, macht sich sowohl bei den Flüchtlingen als auch in der deutschen Bevölkerung zunehmend Unmut breit. Mit meiner nachfolgenden  Schilderung der in etwa vergleichbaren Lage bei der Massenkapitulation von französischen Soldaten im Frühjahr/Sommer 1940 möchte ich zu einer entspannteren Betrachtung der Situation und einer möglichen Einführung von Erleichterungen  beitragen. Also:

 

Am 10. Mai 1940 begann die Offensive des deutschen Westheeres, die bereits nach 6 Wochen durch einen Waffenstillstandsvertrag zwischen Deutschland und Frankreich beendet wurde und es wanderten ca. 1.850.000  Franzosen, Belgier und Niederländer in 28 Offiziers- und 69 Stammlager.  Der Anteil der Franzosen betrug etwa 1.580.000. Das waren rd. 10 % der erwachsenen männlichen  französischen Bevölkerung.

Die Offiziere wurden aufgrund internationaler Abmachungen nicht zu Arbeitseinsätzen weitergeleitet.

Von den Stammlagern (Stalags) aus wurden 95 % der Gefangenen ohne Offiziersrang unverzüglich in 82.000 Arbeitskommandos unterschiedlicher Größe in Industrie, Landwirtschaft und Handwerk verteilt, die meist über eigene Lager verfügten. In meinem damaligen  Heimatort Schönau, einem Eifeldorf mit etwa 500 Einwohnern, schliefen sie, von einem Wachtposten der deutschen Wehrmacht bewacht, in einem ehemaligen Jugendheim. Sie wurden von dem Wachtposten  morgens zu den Landwirtschaftsbetrieben gebracht und abends wieder abgeholt.

Zunächst wurde uns ein Franzose zugeteilt, der relativ gut die deutsche Sprache beherrschte. Nachdem dieser aus Gesundheitsgründen ins Lazarett kam, erhielten wir einen Franzosen ohne deutsche Sprachkenntnisse.

Da mein Vater Soldat war, musste ich, ein Schuljunge, in der Landwirtschaft aushelfen. Die Verständigung zwischen dem Kriegsgefangenen und mir (wir waren meist allein auf dem Feld) war nach einigen Anfangsproblemen nach kurzer Zeit gerade deshalb recht gut, weil ich mich meiner unkomplizierten  Jungensprache bediente. Aber auch bei den übrigen Landwirten des Dorfes war von Verständigungsschwierigkeiten keine Rede.

 

Im Alter von 14 Jahren begann ich eine Lehre als Technischer Zeichner in einer Maschinenfabrik in Münstereifel. Auch dort waren französische Kriegsgefangene im Arbeitseinsatz. Wir Lehrjungen unterhielten uns mit ihnen nach Feierabend, wenn sie, hinter einem Absperrzaun, mit neuen Instrumenten ausgestattet, uns über diesen Zaun hinweg moderne Jazzmusik näherbrachten. Auch hier gab es kaum Verständigungsschwierigkeiten.

Es gab aber auch keine Gesetze oder Verordnungen, die den unkomplizierten Arbeitseinsatz der Kriegsgefangenen, ob in der Landwirtschaft oder in der Industrie, verhindert hätten. Die hierzu notwendigen Beamten leisteten irgendwo in Deutschland oder den besetzten Gebieten ihren Wehrdienst ab.

Abschließend sei noch erwähnt, dass sowohl unser Louis, so war sein Name, als auch die  in der Maschinenfabrik eingesetzten Franzosen eines Tages spurlos verschwunden waren. Ich habe in der Nachkriegszeit mehrmals vergeblich versucht, herauszufinden, wie sie den langen Weg bis Frankreich geschafft hatten ohne aufgegriffen zu werden. Vermutlich hatte eine gut funktionierende Résistance die Möglichkeit, die heimwehkranken  Gefangenen heimzuholen und in ihre Reihen einzugliedern. In der Statistik sind insgesamt rd. 70 000 gelungene Fluchten verzeichnet.

Beim heutigen Flüchtlingsproblem ist allerdings eine Entspannung durch vergleichbare freiwillige Abgänge bei Nacht und Nebel  nicht zu erwarten.

Später wurde uns ein Ukrainer namens Savelli zugewiesen, der sich freiwillig zur Arbeit in Deutschland gemeldet hatte und in unsere Familie einschließlich Übernachtung integriert wurde. Obwohl er  zunächst kein Wort deutsch konnte, gab es von Anfang an keine unüberwindbaren Verständigungspobleme bei der Arbeit. Er war für uns eine wertvolle Hilfe, bis er nach Kriegsende gegen seinen und unseren Willen in die Sowjetunion zurückgeführt wurde und vermutlich für immer in einem Straflager in Sibirien verschwand, denn die von ihm versprochene Post aus seiner ukrainischen Heimat kam nie bei uns an. Und so verschwand mit den Jahren die Erinnerung an ihn, wie so manches aus jener Zeit.

Ich würde mich freuen, wenn ich mit meinem Bericht einen Beitrag zur Versachlichung der laufenden Beratungen über eine Erleichterung des Zugangs von Asylanten zu den offenen Arbeitsstellen leisten könnte. Denn das viel zu lange Zusammenleben von jungen Männern auf engstem Raum ist nicht förderlich für eine gesunde ethische Persönlichkeitsbildung. Die ewige Angst, wieder abgeschoben zu werden, macht sie zudem anfälliger für Hassprediger und kriminelle Phantasien.

Überfüllte Turnhalle. Ich verstehe die Welt nicht mehr!