Kameraden, die Trompete ruft:
Heute heißt es wandern.
|: Morgen scheint die Sonne uns
In Rußland oder Flandern. :|
So sangen wir im Wehrertüchtigungslager Bastogne in Belgien im Herbst 1943.
In Flandern lagen die großen Schlachtfelder des Ersten Weltkrieges: Ypern und Langemarck.
Gottseidank blieb Brügge von den Kampfhandlungen und Zerstörungen verschont.
Schaut Euch diese schöne Stadt an!
Brügge, Flandern 2013
Das Venedig des Nordens
Am 05. November 2012 vollendete ich das 85. Lebensjahr. Dies ist der Anlass für einen gemeinsamen Ausflug mit Familie, aber nicht im tristen November, sondern lieber in der Osterzeit des Jahres 2013. Nun werden wir just in diesem Jahr 2013, Gott sei’s geklagt, von einem nicht enden wollenden Winter erwischt. Da braucht man ein für jedes Wetter geeignetes Reiseziel. Und das haben wir gefunden: Brügge in Flandern (Belgien).
Es ist zwar kalt, aber sonnig und so klar, dass relativ schöne Bilder von der einmaligen Bausubstanz entstehen werden. Wir (insgesamt 9 Personen) genießen die Tage von Karfreitag bis Ostersonntag. Das Golden Tulip Hotel namens De Medici, über HRS gebucht, liegt so günstig, dass wir alle Sehenswürdigkeiten zu Fuß erreichen können. Und da ist zunächst der Markt. Siehe erstes Bild.
Bild oben: Der unter dem Schutz des UNESCO- Weltkulturerbes stehende Belfried (Belfort), krönt die alten Tuchhallen, denen Brügge im Mittelalter seinen Reichtum verdankte. Die 366 Stufen zu seiner Aussichtsplattform wurden von unseren jungen Mitreisenden bezwungen. Die Aussicht muss beeindruckend gewesen sein.
Diese schlanken gotischen Glockentürme waren im Mittelalter die wichtigsten Profanbauten, die als Aushängeschild und Wachtturm dienten und zum Ausrufen wichtiger öffentlicher Angelegenheiten benutzt wurden.
Er ist das wichtigste Wahrzeichen des Marktes von Brügge.
Blick vom Belfried auf Brügge
Die folgenden vier Fotos wurden von meiner Enkelin Esther Ilg aufgenommen.
Das Rathaus (Stadhuis) neben der Heilig-Blut-Basilika
Von hier wird Brügge seit vielen Jahrhunderten verwaltet. Das zwischen 1376 und 1420 entstandene Gebäude beeindruckt durch die reich verzierte Vorderfront mit den Statuen aller flandrischen Grafen.
Durch diesen Renaissancebogen gelangt man vom Rathaus über eine Brücke zum Fischmarkt (Vismarkt) und zur Anlegestelle für unsere Bootsfahrt durch die Grachten von Brügge.
Das Huis ter Beurze (oben)
Dieser Bau aus dem 15. Jahrhundert wurde von der Kaufmannsfamilie Van der Beurze bewohnt. Ihr Name geht auf drei Geldbeutel in ihrem Wappen zurück. Die Familie unterhielt in ihrem Haus regelmäßig geschäftliche Zusammenkünfte mit Kaufleuten aus vielen Teilen der Welt. Aus diesem Familiennamen van der Beurze entwickelte sich das niederländische Wort Borse und wurde in andere Sprachen als Börse (deutsch), bourse (franz.), borsa (ital.) usw. übernommen.
Der mittelalterliche Stadtkern Brügges
bietet heute dank umfangreicher Sanierungsarbeiten eine gut erhaltene einheitliche neogotische Bausubstanz, die in der Welt einmalig sein dürfte. Die UNESCO belohnte dies mit der Ernennung des gesamten Stadtkerns zum Weltkulturerbe der Menschheit.
In meiner fotografischen Ausbeute zweier Urlaubstage fehlt naturgemäß noch vieles. Und zwar neben den zahlreichen sehenswerten Kirchen der Beginenhof mit Minnewater. Wir müssen wohl dieser Stadt irgendwann einen weiteren Besuch abstatten.
Der Beginenhof von Brügge
Doch während ich mit meiner Tochter Claudia Ilg einen Museumsbesuch machte, besuchte Die Enkelin Joyce Ilg den Beginenhof.
Was sind oder waren die Beginen?
Während meiner Jugendzeit in der Eifel wurden wir von unserem Dorfpfarrer, einem echten Kölner aus Lindenthal, über den Unterschied zwischen Ordensschwestern und Beginen aufgeklärt. Er schickte dieser Erklärung ein lustiges Gedicht voraus:
Dat sin die Bejinge,
die sin nit immer wie se schinge.
se stonn hinger de Jardinge
un sage: Do kütt de minge.
Die Beginen legten im Gegensatz zu den Ordensschwestern kein ewiges Gelübde ab.
In einer sozialen Gemeinschaft führten sie ein eigenständiges Leben mit den gleichen Rechten und Pflichten, ob arm ob reich. Diese Gemeinschaft wurde von einer demokratisch gewählten "Grootjuffrouw" (Großfräulein) geleitet.
Sie bot den Mädchen Unterschlupf, die sich einer Zwangsheirat mit einem ungeliebten Mann entzogen oder keine Mitgift hatten und deshalb nicht heiraten konnten. Auch Witwen, die ja in den Zeiten zahlreicher Kriege in Massen vorhanden waren, suchten den Schutz der Frauengemeinschaften. Die ersten Beginenhöfe entstanden Ende des 12. Jahrhunderts, der Beginenhof von Brügge stammt von 1245. Die letzte Begine starb 1930. Heute steht der Beginenhof von Brügge unter dem Schutz des UNESCO- Weltkulturerbes.
Die Schriftsteller Marcel Proust und Rainer Maria Rilke waren, wie berichtet, von der Melancholie des Beginenhofes immer wieder fasziniert.